Anders Arbeiten:
Ein wesentlicher Bestandteil einer bedürfnisorientierten Ökonomie ist die selbstbe-stimmte Tätigkeit, statt dem Verkauf der Arbeitskraft am Arbeitsmarkt. Beispiele hierfür sind selbstverwaltete Betriebe und Projekte (vgl. ebd.: 89). In Form von Kollektiven, Vereinen und Genossenschaften gibt es deutschlandweit zahlreiche Projekte und Betriebe, die ökologische, soziale und politisch-emanzipatorische Ziele verfolgen. Ein Beispiel ist die Genossenschaft fairmondo mit Sitz in Berlin. fairmondo betreibt einen Online-Marktplatz als Alternative zu Marktführern wie Amazon und eBay. fairmondo hat dabei nicht nur eine Online-Generalversammlung vorgesehen, sie wirtschaften zudem fair und transparent, indem leitende Mitarbeiter*innen maximal das dreifache der am geringsten Entlohnten verdienen dürfen, sie nachhaltig produzierte Produkte verkaufen und sie einen bestimmten Prozentsatz der Transaktionen spenden (vgl. ebd.: 92f.).

Anders Wohnen:
Es gibt zahlreiche Formen des gemeinschaftlichen Wohnens. Wohngemeinschaften teilen sich beispielsweise oftmals nicht nur den Wohnraum, sondern auch Gemeinschaftsgüter, wie Koch- oder Putzutensilien. Auch der Begriff des Cohousing ist in diesem Zusammenhang nennenswert. Cohousing beschreibt „Wohnprojekte auf Basis individuellen Eigentums mit Gemeinschaftseinrichtungen“ mit dem Fokus auf die Bildung einer Gemeinschaft (ebd.: 102). Des Weiteren setzen sich Organisationen, wie Wohnbund und das Forum gemeinschaftliches Wohnen, deutschlandweit politisch für gemeinschaftliches Wohnen ein und vernetzen Akteur*innen miteinander (vgl. ebd.).

Gemeinsam Leben und Arbeiten:
Ein Beispiel des gemeinsamen Lebens und Arbeitens stellen Ökodörfer dar. Das Gemeinschaftsprojekt Cambium im österreichischen Fehring ist eines der Ökodörfer, welches sich im Aufbau eines Wohn-, Arbeits- und Lebensraumes für über 100 Menschen aller Altersgruppen befindet (vgl. CAMBIUM 2019). Etabliert wurden bislang eine biologische Landwirtschaft, Praxis- und Büroräume, verschiedene Betriebe und Werkstätten, eine Gemeinschaftsküche und die Zukunftswirkstatt, welche ein „gemeinschaftstragendes Verwaltungszentrum, eine Drehscheibe von Lernen, Begegnung und Vernetzung, ein Raum für Bildung und Kultur, in dem Menschen aus der Region und darüber hinaus voneinander lernen (…) können“ ist (ebd.). Solidarische Wirtschaftsstrukturen, die sich an nachhaltigen Werten orientieren und die Bedürfnisse und Beziehungen der Menschen stärken stehen ebenfalls im Zentrum des Aufbaus und finden ihren Ausdruck in Form von Arbeitskreisen (AK), in denen alle Bewohner*innen aktiv sind (vgl. ebd.). Somit ist ein Ort des alternativen, solidarischen Lebens und Wirtschaftens entstanden.

Landwirtschaft, Gartenbau und Ernährung:
Weltweit leiden mehr als 800 Millionen Menschen an Hunger und vielerlei landwirtschaftliche Betriebe gehen am Konkurrenzdruck der marktführenden Großkonzerne zugrunde. Die Ernährungsfrage ist somit eine der größten globalen Herausforderungen, auch für die Solidarische Ökonomie. Ein Beispiel, um dem entgegenzuwirken, ist die Solidarische Landwirtschaft. In einer Solidarischen Landwirtschaft schließt sich eine Gruppe von Menschen mit einem Landwirtschaftsunternehmen zusammen, um ihre Ernährung selbstständig zu organisieren (vgl. VOß & NETZ FÜR SELBSTVERWAL-TUNG UND SELBSTORGANIATION e.V. 2015: 147). Diese Gruppe finanziert den landwirtschaftlichen Betrieb, indem sie in der Regel für ein Jahr die Kosten des Betriebs übernehmen und dafür die Ernte bekommen, die sie untereinander aufteilen. Die Existenz des Betriebs ist somit gesichert und die Gruppe hat ihre eigene Versorgung organisiert (vgl. ebd.: 147f.).

Solidarisch Wirtschaften ohne Geld:
Tauschringe vertreten die Idee von einem Markt, auf dem Dienstleistungen und Waren gerecht getauscht werden können (vgl. ebd.: 155f.). In Tauschringen können Menschen, auch mit geringem Einkommen, Leistungen in Anspruch nehmen, die sie sich am Markt eventuell nicht leisten könnten, wie etwa Musikunterricht oder Reparaturdienste. Diese Leistungen werden von Mitgliedern in Tauschringen angeboten, welche in Arbeitsstunden verrechnet werden. Das System funktioniert somit ohne Geld, denn die Arbeitsstunden werden nicht wie bei der Erwerbsarbeit finanziell entlohnt. Für jede geleistete Arbeitsstunde erhalten die Mitglieder einen Stundennachweis, den sie wiederrum einlösen können, um die Fähigkeiten und Kompetenzen anderer Mitglieder kostenfrei in Anspruch zu nehmen (vgl. ebd.). Somit entstehen geldfreie Wirtschaftsräume, in denen die Mitglieder eines Tauschrings „ihre Lebensverhältnisse durch eigene Arbeit jenseits entfremdeter Erwerbsarbeitsplätze verbessern können“ (ebd.: 156).

Die aufgezählten Beispiele beweisen schließlich, dass solidarische Wirtschafts- und Lebensweisen keine Utopien sind, sondern gelebte Alternativen im Hier und Jetzt.

Quelle: Brauns Julia; Masterarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts (M.A.); „Mensch & Mitwelt vor Profite – Wirtschaft neu denken!“: Konzipierung eines Schulklassenprojekts zum Themenbereich Solidarische Wirtschaftsweisen & Lebensstile auf Grundlage von Schülervorstellungen zur
Solidarischen Ökonomie im Kontext einer Bildung für nachhaltige Entwicklung.

Literaturquellen:

CAMBIUM LEBEN IN GEMEINSCHAFT (2019): Vision. Online unter: http://www.cambium.at/vision (02.12.2019).

VOß, Elisabeth & NETZ FÜR SELBSTVERWALTUNG UND SELBSTORGANISATION e.V. (Hrsg.) (2015): Wegweiser Solidarische Ökonomie. Anders Wirtschaf-ten ist möglich! (2. Auflage). Neu-Ulm: AG SPAK Bücher.